Alles begann am 29.05.2020…

Der junge Hengst Balou (damals erst zwei Jahre alt) wurde auf Anweisung des Veterinäramtes zu uns gebracht. Dieses kümmerte sich damals um eine vernachlässigte Pferdeherde, in welcher sich unter anderem auch Balou befand. Er wurde freistehend auf dem Anhänger zu uns gebracht, da er zu dem Zeitpunkt noch kein Halfter kannte. Dementsprechend konnten wir ihn bei uns auch nicht vom Anhänger führen, sondern mussten ihn vom Anhänger direkt in die Box treiben. Von außen beobachtet fiel uns auf der Vorderseite des  linken Hinterbeines, oberhalb des Fesselgelenkes, eine ältere Wunde auf, die ca. 7x10cm groß war und bereits überschüssiges Granulationsgewebe („wildes Fleisch“) gebildet hatte. Dazu war das Röhrbein hochgradig geschwollen, weshalb weitere Untersuchungen dringend notwendig waren. Da Balou jedoch kaum Kontakt zu Menschen hatte und weder das Halfter noch jegliche Berührungen kannte, brauchte es Zeit bis zu den ersten Untersuchungen. Zwei Wochen lang haben wir uns mehrmals täglich Zeit für ihn genommen, um ihn nach und nach an uns und auch das Halfter zu gewöhnen (Veterinary Horsemanship). Anfangs war er so verunsichert, dass es ihn bereits gestresst hat, wenn man nur in die Nähe seiner Box kam. Nach den zwei Wochen hat er uns jedoch vertraut, war einigermaßen halfterführig und Kuscheln war seine Lieblingsbeschäftigung.

Kurz darauf ging es dann für ihn in den OP. Dort konnten wir anhand der Röntgenaufnahmen das volle Ausmaß seiner Verletzung erkennen. Es hatte sich nicht nur „wildes Fleisch“, sondern auch Knochen zugebildet. Dies musste sorgfältig abgetragen und das „wilde Fleisch“ entfernt werden.

Da jedoch viel überschüssiges Granulationsgewebe vorhanden war, entstand durch das Entfernen eine große, offene Wunde, die wir nicht vollständig zunähen, sondern nur mit Hilfe von Fäden Spannung auf die gegenüberliegenden Wundränder bringen konnte. Dadurch war uns klar, dass ein langer Weg vor uns liegt. Dass sich dieser allerdings über fast zwei Jahre ziehen würde, hätten wir nicht gedacht…

Nach der OP standen regelmäßige Verbandswechsel an. Bereits zweieinhalb Wochen nach der OP, hat sich die Wunde vollständig mit neuem Gewebe gefüllt, so dass Haut und Wunde wieder auf einem Niveau waren. Bei den weiteren Verbandswechseln musste zum Teil überschüssiges Gewebe abgetragen werden, damit die Haut auch eine Chance hatte sich zu bilden und über die Wunde zu wachsen. Diese wurde zwar stetig kleiner, jedoch eher schleichend. Daher haben wir am 20.10. eine Hauttransplantation durchgeführt, leider ohne Erfolg. Zwischenzeitlich ist Balou in den Besitz von Dr. Belz übergegangen und genießt dort sein neues Zuhause und die regelmäßigen Kuscheleinheiten.

Im Dezember 2020 hatte die Wunde dann in etwa 2€-Stück-Größe und wir hatten Hoffnung, dass Balou bald wieder über die Koppel toben könnte, da er nun bereits seit einem halben Jahr Boxenruhe hatte. So eine lange Zeit in der Box verbringen zu müssen ist eine Herausforderung gewesen und da er noch so jung war, hatte er natürlich einen ordentlichen Überschuss an Energie. Es kam jedoch anders als erhofft, da sich im Januar 2021 die Wunde erneut infiziert hatte und wieder größer wurde. Es musste regelmäßig Gewebe abgetragen und auch die Wundränder erneut aufgefrischt werden, damit bereits abgestorbenes Gewebe (Nekrosen) entfernt und die Wunde gereinigt wird. Da sich an der Größe der Wunde jedoch auch drei Monate später (im März 2021) nicht viel getan hat, haben wir einen weiteren Versuch einer Hauttransplantation gestartet, jedoch erneut ohne Erfolg. Weitere drei Monate später (im Juni 2021) schien die Wunde endlich wieder etwas kleiner zu werden und im August sogar fast vollständig geschlossen zu sein. Es sah so gut aus, dass Balou sogar einige Male auf die Koppel durfte um sich auszutoben.

Im Oktober 2021 kam jedoch ein weiterer Rückfall, bei dem die Wunde erneut um einiges größer wurde und sich ebenfalls Nekrosen gebildet haben. Balou war zu dem Zeitpunkt schon fast eineinhalb Jahre bei uns. Die Hoffnung haben wir aber weiterhin nicht verloren und schon knapp drei Wochen später war die Wunde nur noch halb so groß. Nach weiteren drei Wochen war sie sogar so klein wie noch nie zuvor. Die letzte kleine, übriggebliebene Stelle war zwar hartnäckig, aber für Balou keine Einschränkung mehr. Anfang 2022 konnte er langsam an der Longe angearbeitet werden, unter ständiger Beobachtung des linken Hinterbeines. Die Wunde war zwar fast verschlossen, aber die Haut dort trotzdem noch empfindlich. Außerdem mussten seine Muskeln wieder aufgebaut und trainiert werden. Der Verband wurde alle zwei Tage gewechselt und konnte am 16.02.22 endgültig durch eine Stallbandage ersetzt werden, auch wenn immer noch eine kleine Stelle vorhanden war. Erst seit dem 11.03.22 ist das Bein vollständig verheilt und Balou darf das Pferdeleben wieder in vollen Zügen genießen und sich auf der Koppel austoben. Unser Durchhaltevermögen hat sich ausgezahlt und wir sind glücklich über den Ausgang des langen Heilungsverlaufes von Balou.