Gelenkchips – Sand im Getriebe

 

Die OCD (Osteochondrosis dissecans) stellt einen sehr häufig diagnostizierten röntgenologischen Befund im Rahmen von Ankaufsuntersuchungen und Lahmheitsuntersuchungen dar. Diese landläufig als Gelenkchips oder Gelenkmäuse bezeichneten Knochenfragmente kommen vor allem im Sprunggelenk, Fesselgelenk, Kniegelenk und Hufgelenk vor. Es handelt sich dabei um eine entwicklungsbedingte Erkrankung. Eine Störung des wachsenden Knorpels führt dazu, dass sich Fragmente von der Gelenksfläche lösen und isoliert im Gelenk verknöchern.

Als Ursache für die Störung der Gelenksentwicklung sind viele Faktoren ursächlich: es spielen sowohl Umweltfaktoren eine Rolle, als auch genetische Komponenten. Umweltfaktoren, die die Entstehung von Gelenkchips beeinflussen, sind vor allem Faktoren in der Fohlenaufzucht. Ausreichende Bewegung sowie vernünftige Fütterung (kein Überschuss an verdaulicher Energie, Phosphor, Kalzium und Zink) stellen die entscheidenden Komponenten dar. In einer interdisziplinär angelegten Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover, der Freien Universität Berlin und der Georg-August-Universität Göttingen konnte nachgewiesen werden, dass auch eine erbliche Komponente besteht.

Ein Chip im Gelenk muss nicht immer zwangsläufig zu einer Lahmheit führen. Manchmal ist das betroffene Gelenk vermehrt gefüllt, was sich in Gallen zeigt. Häufig ist jedoch von außen keinerlei Auffälligkeit zu sehen. Das Fragment wirkt jedoch wie Sand im Getriebe und führt zu Veränderungen des Gelenkknorpels. Häufig kommt es erst im Laufe der Zeit zu Lahmheiten, doch dann ist der Schaden im Gelenk oft bereits erheblich. Somit sollte ein Chip, welcher durch Zufall beispielsweise bei einer Ankaufsuntersuchung festgestellt wird, so bald wie möglich entfernt werden. Denn nur so kann man ernste Schäden am Gelenkknorpel verhindern.
Die Entfernung des Gelenkchips erfolgt in Vollnarkose mittels einer Arthroskopie, einer Gelenkspiegelung. Dieser minimalinvasive Eingriff erfolgt durchs „Schlüsselloch“, denn es werden Zugänge von jeweils nur circa 1 cm Länge am Gelenk angelegt. Über diese werden Kamera und Arbeitsinstrument in das Gelenk verbracht. Das Gelenk wird mittels steriler Lösung oder Gas aufgefüllt, um im Gelenkinneren Platz zu erhalten. Ist der Chip mit der Kamera aufgefunden, kann er mittels einer kleinen Zange herausgenommen werden. Im Anschluss daran wird das Gelenk mit steriler Flüssigkeit gespült, um eventuell vorhandene Entzündungszellen zu entfernen. Die Zugänge werden mit einigen Hautheften vernäht und mit einem Verband geschützt. Nach der Operation erhält der Patient Boxenruhe. Die Dauer der Ruhe und das nachfolgende Aufbauprogramm richten sich nach den Befunden im betroffenen Gelenk. In der Regel ist eine Boxenruhe von 14 Tagen mit anschließendem Führen im Schritt von weiteren 2-3 Wochen notwendig, bevor das Pferd wieder vorsichtig antrainiert werden kann. Injektionen von Hyaluronsäure („Gelenkschmiere“) in das betroffene Gelenk können im Einzelfall notwendig sein, um den Knorpelaufbau und den Gelenkstoffwechsel zu unterstützen.