Mein Pferd ist Headshaker!

 

 

Unter dem Begriff Headshaking-Syndrom wird ein Verhalten verstanden, bei dem das Pferd unkontrolliert horizontal, vertikal oder rotierend mit dem Kopf schlägt oder schüttelt. Häufig schnauben die Pferde dabei und versuchen, sich die Nase oder Augen zu reiben. Die Bewegungen ähneln solchen, die zur Insektenabwehr eingesetzt werden, allerdings fehlen äußere Stimuli.

Die Frequenz und Intensität der Kopfbewegungen können eine Nutzung des betroffenen Pferdes für den Reit- oder Fahrsport unmöglich machen. Erstmalig wird das Headshaking-Syndrom 1809 durch Lawrence erwähnt, 1899/1900 veröffentlichte Williams eine genaue Beschreibung der Symptome sowie einen Therapieansatz. Der Begriff Headshaking-Syndrom hat sich in Deutschland neben der Bezeichnung Kopfschütteln durchgesetzt.

 

Symptome

Einige Pferde schlagen nur unter Belastung, d. h. unter dem Reiter, an der Longe oder beim Freilauf mit dem Kopf. Dabei verstärken sich die Symptome häufig in schnelleren Gangarten. Andere Patienten zeigen dieses Verhalten sowohl in Ruhe als auch in Belastung, häufig versuchen diese Pferde ihr Gesicht zu schützen, indem sie sich in eine Ecke der Box stellen. Auch schlecht sitzende Ausrüstung, ein ungeübter Reiter oder „Unwilligkeit“ kann sich in Kopfschlagen bei der Arbeit äußern. Dies ist nicht dem eigentlichen Headshaking-Syndrom zuzuordnen.

 

Ursachen

Die Ursachen für das Headshaking-Syndrom sind sehr vielfältig. So können zum Beispiel folgende Grunderkrankungen für die Verhaltensweise verantwortlich gemacht werden: Zahnerkrankungen, Erkrankungen der Augen sowie der Ohren mit Gleichgewichtsorgan, Erkrankungen der Luftsäcke, der Nasennebenhöhlen und schmerzhafte Prozesse im Bereich des Gesichtes, Kiefergelenkes und der Wirbelsäule. Aus diesem weiten Feld der möglichen Ursachen des Headshaking-Syndroms ergibt sich die Notwendigkeit einer gründlichen Beobachtung der Symptome, sowie eine ausführliche Untersuchung des Patienten.

Häufig liegt als Auslöser des Headshaking-Syndroms ein Gesichtsschmerz vor, der mit der sogenannten Trigeminusneuralgie des Menschen vergleichbar ist. Es handelt sich hierbei um einen äußerst schmerzhaften Reizungszustand des 5. Hirnnerven, welcher die Empfindungen im Gesicht weiterleitet. Als Auslöser der blitzartig einschiessenden Schmerzattacken wird für den Menschen Kauen, Sprechen, Schlucken, Berührungen im Gesicht, kalter Luftzug und Bewegungen der Gesichtsmuskulatur angegeben. Die Schmerzen, welche durch eine Trigeminusneuralgie hervorgerufen werden, erreichen auf einer Skala von 1-10 (1 = wenig schmerzhaft, 10 = stärkster Schmerz) fast immer Grad 10.

 

Behandlung

Die Behandlung des Headshaking-Syndroms richtet sich nach der Grunderkrankung des Patienten. Hier soll nur auf die Trigeminusneuralgie eingegangen werden, um den Rahmen des Artikels nicht zu sprengen. Die medikamentöse Behandlung der Trigeminusneuralgie des Pferdes birgt einige Probleme. So sind die für die Humanmedizin verfügbaren Medikamente nicht für Pferde zugelassen. Als Nichtschlachtpferd eingetragen, können, begründet mit einem Therapienotstand, entsprechende Präparate eingesetzt werden. Da aber keine groß angelegten Testreihen und Langzeitstudien vorliegen, ist das Risiko von unbekannten Nebenwirkungen groß. In einigen Fällen kommt es unter der Medikation zum Verschwinden der Symptome und nach Absetzen des Medikaments bleibt der Patient unauffällig. Auch durch komplementärmedizinische Maßnahmen konnte bei einigen Patienten eine Besserung der Symptome erreicht werden.

In vielen Fällen sind Pferde mit Headshaking-Syndrom durch die Verwendung eines Nasennetzes völlig symptomfrei und könnten somit reiterlich genutzt werden. Das am Nasenriemen des Kopfstücks befestigte Nasennetz reicht über die Nüstern bis zur Maulspalte. Es gibt mehrere Erklärungen, warum diese einfache Lösung Abhilfe schafft. Einerseits könnte durch die Verwendung des Netzes die Nase vor der Irritation des „Fahrtwindes“ geschützt werden. Andererseits könnte ein dauerhaftes Reiben des Netzes auf den Nüstern eventuellen Juckreiz lindern. Die Verwendung des Nasennetzes wird von der FN und einigen Tierärzten sehr kritisch gesehen. Grundsätzlich gilt: „Sport nur mit gesunden Pferden“, macht die Verwendung des Nasennetzes das Reiten von eigentlich kranken Pferden möglich? Die turniersportliche Nutzung eines Pferdes mit Nasennetz ist jedenfalls nicht möglich. Möchte ich mit meinem Kameraden Pferd weiterhin schöne Stunden im Sattel erleben, ohne dass er Schmerz empfindet? Diese Frage muss jeder Besitzer eines Headshakers gemeinsam mit seinem Tierarzt individuell beantworten, um den Wertvorstellungen des Tierschutzes Rechnung zu tragen.

 

© by  Dr. Claudia Stroth, Pferdeklinik Dr. Belz, Tappendorf