Body Condition Score – Pferd

 

Mein Pferd ist nicht dick!

 

Nicht nur in der Humanmedizin machen sich Zivilisations- und Wohlstandskrankheiten breit. Auch in der Veterinärmedizin finden wir das Problem des Übergewichts und der Fettleibigkeit (Adipositas), woraus Erkrankungen wie Hufrehe oder das equine metabolische Syndrom (EMS) resultieren können. Der einzelne Pferdebesitzer ist oft nicht der Meinung, sein Pferd sei zu dick. Dies ist nun auch in einer britischen Studie belegt worden. Diese zeigt auf, dass 20% der Studienteilnehmer ihr Pferd für zu dick halten, nach objektiver Ermittlung waren aber 50% der Pferde übergewichtig!

 

Ob ein Pferd zu dick oder zu dünn ist, lässt sich oft nicht einfach beurteilen. Die Ermittlung des Körpergewichts hilft hier zum Teil weiter. Mittels einer LKW- oder Pferdewaage kann das Pferd gewogen werden. Aber ist ein Kaltblüter mit 836 kg zu dick, ein Shetland Pony mit 205 kg untergewichtig? Die Gewichtsermittlung ermöglicht eine genaue Dosierung von Medikamenten. Weiterhin ist die Gewichtsentwicklung beim Zu- oder Abnehmprogramm von Patienten eine gute Kontrolle. Eine Einschätzung des Ernährungszustandes lässt das „body condition scoring (BCS)“ zu. Dabei werden 6 typische Fettspeicher am Pferdekörper geprüft und der Ernährungszustand mit Noten von 1 (Unterernährt) bis 9 (adipös, extrem fett) beschrieben.

 

1. unterernährt

     Das Pferd ist ausgemergelt, es ist kein Körperfett vorhanden. Schweifansatz, Dornfortsätze, Rippen und sämtliche Knochenvorsprünge sind überdeutlich zu erkennen.

2. sehr mager

     Eine minimale Fettschicht ist vorhanden. Schweifansatz, Dornfortsätze, Rippen und Hüfthöcker sind deutlich sichtbar. Die Knochenkonturen von Widerrist, Hals und Schulter sind sichtbar voneinander abgegrenzt.

3. dünn

     Schweifansatz und Dornfortsätze sind mit etwas Fett abgedeckt. Die Hüfthöcker stehen vor, sind jedoch abgerundet. Die Konturen von Widerrist, Hals und Schulter sind deutlich.

4. schlank

     Der Widerrist zeichnet sich leicht ab, die Rückenmuskulatur erreicht nicht das Niveau der Dornfortsätze, die Rippenkonturen sind gerade noch mit dem Auge erkennbar. Dünne Fettauflagerung am Schweifansatz, Hals und 

     Schulter erscheinen.

5. normaler Ernährungszustand

     Rückenmuskulatur und Dornfortsätze sind auf einem Niveau, die Rippen sind nicht sichtbar aber zu tasten. Weiches Fettpolster am Schweifansatz, die Konturen von Widerrist, Hals und Schulter gehen fließend ineinander über.

6.rundlich

     Fett über den Rippen und Fettpolster an den Schultern. Am Übergang von Kruppe zu Schweif ist das Fett weich, angedeutete Rinne über den Dornfortsätzen des Rückens.

7. dick

     Rinne über den Dornfortsätzen, festes Fett bedeckt den Widerrist, deutliche Fettschicht über den Rippen. Das Fettpolster am Schweif ist weich, Fettpolster am Mähnenkamm und hinter den Schultern ist deutlich sichtbar.

8. fett

     Deutliche Verfettung am Mähnenkamm, Fettpolster hinter den Schultern, deutliche Rinne über den Dornfortsätzen. Die Zwischenräume der Rippen sind nur mit Mühe ertastbar, das Fettpolster am schweif ist weich.

9. extrem fett

     Starke Fettpolster an Hals, Schulter und Widerrist, tiefe Rinne über den Dornfortsätzen. Fettpolster am Innenschenkel und am Schlauch/Euter, die Rippen sind nicht mehr fühlbar.

 

Die Ermittlung des BCS erfordert ein wenig Übung, denn der jeweilige Rassestandard ist zu beachten. So sind gut bemuskelte Pferde (z.B. Quarter Horses) anders zu bewerten als Vollblüter. Auch ein sog. Heubauch oder sehr langes Winterfell kann zu Fehleinschätzungen führen.

 

Unsere Freizeitpferde, aber auch besonders Dressurpferde liegen meistens im oberen Bereich der BCS Skala. Die gut gemeinte Fütterung von Kraftfutter, Zusatzfutter, Mineralfutter und Leckerlies führt zu Übergewicht und Erkrankungen. Auf den Weiden zur Rauhfuttergewinnung und zur sommerlichen Koppelhaltung befinden sich größtenteils energiereiche Gräser. Somit benötigt ein großer Teil der Pferdepopulation überhaupt gar kein Kraftfutter! Auf ein qualitativ hochwertiges Mineralfutter sollte jedoch nicht verzichtet werden.

 

Fragen Sie Ihren Tierarzt nach seiner Meinung zum Ernährungszustand Ihres Pferdes, um Erkrankungen zu vermeiden!